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Sehnsucht Teil 4

Der Vierte Teil bildet den Abschluss der kleinen Kurzgeschichte aus den Zwielanden. Wir wünschen euch viel Spaß beim lesen!

Ihr habt den Anfang verpasst? Ihr findet die ganze Geschichte hier.

Haben wir euch Lust auf mehr gemacht? Dann kommt auf das Prequel der Expedition und erlebt die Geschichten dieser Welt hautnah!

 

 

 

„VERSCHWINDE!“, gellte auf einmal ein Schrei zwischen den Bäumen hindurch. Äste brachen, Schritte sprinteten heran. Ohne sich auf einen Kampf einzulassen, sprang der Fremde von Jons Rücken. Wie durch einen Schleier nahm der Junge wahr, dass sein Angreifer augenscheinlich das Heil in der Flucht suchte. Bevor er die Situation vollends zu erfassen vermochte, packten ihn Hände an den Schultern und drehten ihn auf dem Rücken. „Bist du verletzt?“

 

Es war Magnus. Die Bilder drehten sich noch vor Jons Augen, während er den Baumwipfeln entgegen blinzelte. Sein Hauptmann hockte neben ihm. Als der Junge unsicher mit den Händen nach Halt auf dem Boden suchte, ertastete er den Säbel, den er beim Sturz auf dem Boden hatte fallen lassen.

 

„Bist du verletzt?“, wiederholte der Hauptmann noch einmal seine Frage und bekam von Jon ein träges Kopfschütteln. Den Schreck über den Angriff davon atmend, fand dieser schließlich seine Stimme wieder: „Wohin seid Ihr verschwunden? Ihr rennt durch den Wald wie ein Besessener!“ Magnus half seinem Kameraden auf die Beine. „Was sucht Ihr hier?“, stieß Jon zum Schluss aus und es klang fast wie ein Vorwurf.

 

Als der junge Soldat seinem Hauptmann endlich in die Augen blickte, spiegelte sich in diesen ein schlechtes Gewissen wider. „Verzeih mir,“ begann Magnus. „Ich kann dir nicht erklären, was hier vorgeht.“

 

„Wonach sucht Ihr?“, wiederholte Jon seine Frage mit Nachdruck und runzelte die Stirn über Magnus´ Zögern. Ein wenig zu lange brauchte die Antwort: „Ich glaube, ich suche einen Ort. Halt mich nicht für verrückt, bitte,“ beschwor Magnus seinen Soldaten, während er sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe tippte. „In meinem Kopf kann ich ihn sehen, da sind Bilder. Es kommt mir vor, als wäre ich schon dort gewesen.“

 

Jon schien ihm nicht recht folgen zu können. „Ihr sagtet doch, Ihr habt diese Insel gesehen.“

 

„Das habe ich. Aber in diesen Visionen gab es mehr als nur dieses Eiland. In mir ist so ein Gefühl, dass wir noch nicht am Ziel sind. Was ich suche… kann nicht diese Insel sein. Doch von hier aus können wir es erreichen.“

 

Kopfschütteln. Mehr fiel Jon zu den Worten des Hauptmannes nicht ein. „Da kann etwas nicht stimmen!“, erwiderte er Magnus. „Hauptmann, bitte! Was ist, wenn das eine Falle ist? Magie hat Euch diese Bilder in den Kopf gesetzt. Davon verstehen wir beide nichts! Vielleicht sollten wir zum Schiff zurückkehren!“

 

Die Enttäuschung war Magnus aus den Augen zu lesen. Wie sollte er seinem Soldaten klar machen, was er gesehen hatte? Durch seinen Geist schwammen Bilder aus alter Zeit, Fetzen aus Erinnerungen, so real, als wären sie erst gestern vorüber gegangen. Die Wolken aus Szenerien, Bildern und Worten mochte er kaum auseinander zu ziehen. Jon hätte er nicht von diesem Ort erzählen können. Das einzig bedeutungsvolle schien ihm der Gedanke an Wissen – in den Händen ungeheuer mächtiger Alchemisten. Wie viel und was davon auf dieser Insel zu finden war, das vermochte Magnus nicht in Worte zu fassen. Dass er beinahe am Ziel war, das wusste er.

 

„Ich weiß nicht genau, wonach ich suche. Aber ich kann dir sagen, wo wir es finden“, erklärte Magnus mit Bestimmtheit. „Gleich ob uns jemand hier her gelockt hat oder die Götter selbst uns den Weg zeigen wollten, wachsam müssen wir ohnehin sein. Ich bin nicht hergekommen, um jetzt wieder davon zu segeln! Dass eine solche Insel bewohnt ist, ist nichts Ungewöhnliches!“

 

Damit wandte Magnus sich von Jon ab und folgte ein paar Schritte der Richtung, aus der er ursprünglich gekommen war. Nachdem er bemerkt hatte, dass Jon ihm noch immer nicht folgte, wandte er sich noch einmal um: „Du kannst zum Schiff zurückgehen, wenn du Angst hast. Bis zum Sonnenuntergang bin ich zurück.“

 

Für einen Herzschlag hielt Magnus den Blick seines Soldaten. Der schien noch nach Worten zu suchen, die aber nicht mehr über seine Lippen kamen. Daher ließ der Hauptmann ihn stehen und hörte nach einigen Schritten, wie Jon sich in die entgegen gesetzte Richtung davon machte. Feigling, schoss es Magnus durch die Gedanken. Die Verwünschung tat ihm wenig später aber schon leid. Jon war nicht schuld an der Unruhe, die ihn vorantrieb. Eine innere Stimme trieb Magnus immer weiter bergauf. Das mulmige Drücken, das sich in seinem Magen breit gemacht hatte, ließ ihn dann und wann einen misstrauischen Blick über die Schulter werfen. In Wahrheit drängte es ihn jedoch immer weiter voran.

 

Irgendetwas lief nicht nach Plan. Magnus war von diesem Gedanken überzeugt, seit sie die Insel betreten hatten. Der weiße Schleier, von dunklen, bläulichen Schlieren durchzogen, war trotz des Tageslichtes noch immer zu sehen und glänzte vor den Wolken wie ein Nebel aus metallenem Staub. All das sollte so nicht sein. Durch seinen Geist echote das Bild aus der Vision, das ein weißer Lichtblitz zerriss...

 

Als sich vor Magnus plötzlich eine weite, bergan führende Wiese öffnete, wurde der Gedanke übermächtig. Was war das am Horizont? Irgendein Gebilde hob sich dunkel vor dem Himmel ab. Bevor der Hauptmann es wahrlich zu erkennen vermochte, brach die Empfindung über ihm nieder, dass er gefunden hatte, wonach er suchte. Die Unruhe, die dieser Gedanke in seinem Innersten verbreitete, war kaum noch zu ertragen. Ohne es zu realisieren, wurden Magnus´ Schritte immer schneller. Sein Atem ging bereits stoßweise. Allmählich wurde der Ort, den er ansteuerte, klarer erkenntlich. Die Details, die sich dem Hauptmann zu offenbaren begangen, nährten in ihm das Entsetzen! Das durfte nicht sein! Das war nicht, was er vorzufinden geglaubt hatte!

 

Gut hundert Fuß vor dem Gebilde wagte Magnus keinen Schritt weiter. Sein Körper bebte unter der Anstrengung – oder war es womöglich, die stille, fremdartige Kraft, die diesen Ort erfüllte? Gefangen in den Gedanken und Empfindungen, die ihn zu übermannen drohten, bemerkte er nicht, wie eine Gestalt von hinten an ihn heran trat. Sie war keine zehn Fuß mehr entfernt, da Magnus erschrocken herum fuhr und in ein lächelndes Gesicht blickte.

 

„Willkommen“, begrüßte ihn der Ankömmling. „Es ist gut, dass ihr gekommen seid! Wir brauchen eure Hilfe!“

 

 

 

 

... An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Astrid Rauner für diese wunderbare Kurzgeschichte! Seid gespannt, was euch auf den folgenden Veranstaltungen erwartet.

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